Wir Ausländer sind so lustig

22. März 2016

Identitätskrisen gehören bei uns fast schon zum Alltag. Egal, ob man ein da geborener oder ein dahergekommener Ausländer ist. Die Probleme unserer Eltern werden zu unseren Problemen, die Probleme unserer Nationen werden ebenfalls zu unseren Problemen. Wir werden nach ihnen eingeordnet und eingestuft. Die Persönlichkeit zählt, die Herkunft ist aber ebenfalls ein wichtiger Faktor.

In vielen Ländern wird daran stark gearbeitet, um das zu verändern. Idealerweise ist ein Mensch einfach nur ein Mensch, seine Herkunft soll ja keine Rolle spielen. Wir bemühen uns, dieses Integrationsideal zu erreichen. Die Veränderung passiert aber langsam und scheint ein wenig schmerzhaft zu sein. Ein Pole wird noch lange „Fahr nach Polen, dein Auto ist schon da“-Witze hören, ein Deutscher wird noch lange wegen seines Akzents verarscht und ein Jugo wird noch lange ein Jugo sein.

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Wir machen den Prozess nicht einfacher und unterstützen gerne die Stereotype. Wir lieben es, bei manchen Gelegenheiten einfach den Ausländer raushängen zu lassen. Weil es eben oft einfacher ist, die Schuld auf etwas anderes zu schieben. Wir machen und sagen Sachen, die dem Prozess der Integration nicht helfen und das perfekte Klischeefutter sind.

Wenn wir untereinander sind, jammern wir gerne über Inländer und das Land, in dem wir leben. Nicht nur in Österreich, das passiert in jedem Land, in dem ich Ausländer war. Und ich bin quasi ein Profiausländer, der die Chance hatte, den Geschmack des Ausländerdaseins in vielen Ländern zu spüren.

Genau das Gegenteil passiert aber oft, wenn wir mit den Inländern sprechen: Wir jammern über unser Herkunftsland. Die Regierung ist scheiße, die Fußballnationalmannschaft spielt schlecht, alles ist teurer geworden. Wir identifizieren uns einerseits stark mit dem Land, aus dem wir kommen, andererseits sind wir aber oft die ersten, die es kritisieren.

Zwischen zwei Welten

Viele von uns träumen vom Leben in dem Land unserer Eltern. Wir haben die Tendenz, es in unseren Köpfen zu idealisieren. Obwohl wir es eben so oft kritisieren. Wenn wir aber dort sind, realisieren wir, dass wir eigentlich nicht mehr dazugehören. Durch das Leben in einem anderen Land entwickeln wir neue Kompetenzen, gewöhnen uns an Sachen, die wir im Herkunftsland nicht finden können. Wir brauchen diese Mischung, es wird zu unserer Realität.

Wir sind nicht nur die ersten, die unser Herkunftsland kritisieren, wir tun es auch gerne, wenn es um das Land geht, in dem wir leben. Ständig unzufrieden, aber glücklich damit. Wir würden an dieser Unzufriedenheit nichts verändern. Wir sind von dieser Unzufriedenheit abhängig.

Wir kritisieren den Fahrstil, die Traditionen, die Menschen, Gebäude. Wir kritisieren, was geht, zugleich lieben wir es aber. Wir vergleichen Dinge viel mehr als andere Menschen. „Wo ich herkomme, wird das aber so und so gemacht“, fangen viele von unseren Gesprächen an.

Wir sind stolz, dass wir mindestens zwei Sprachen sprechen. Einerseits mögen wir unseren Akzent nicht, andererseits ist das ein wichtiger Teil unserer Identität.

Wir lieben es, Ausländer zu sein. Ausländersein ist eine Identität für sich. Diese ständige Gespaltenheit prägt uns. Die konstante Identitätskrise ist die Quelle unserer Stärken. Wir wissen es zu schätzen und wollen es nicht verändern. Ausländersein ist ein Lebensstill.

 

 

 

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