„Wäre Krieg, wär ich längst tot“

18. August 2013

Nur die Starken überleben, besagt Darwin´s Evolutionstheorie. Eine These, die ich versuche für mich selbst aufzustellen.

 

„Wäre in Österreich Krieg, wäre ich längst tot“, ein Satz der mir vor Wochen in den Kopf schoss und den ich irgendwie nicht los werde. Kommt wohl daher, dass ich mich in alles und jeden automatisch einfühle – so auch in die Menschen, die in Form von TV- oder Zeitungsbeiträgen um ihr Leben schreien. Sei es wegen Hungersnöten, Naturkatastrophen oder Krieg. Stelle ich mir nun vor, ich wäre in ihrer Situation, hätte der Tod mich spätestens als junge Erwachsene erwischt. Denn da war meine Blütezeit verzweifelter Unsicherheit. Also nicht die „normale“ Teenie-Verwirrtheit, sondern ein bisserl drüber. So mit Panikattacken und so. 

 

Ich würde mich als eine von jenen beschreiben, die keine grausame Kindheit erlebt hat, aber doch genug Vernachlässigung, um das Fass an Haltlosigkeit zum Überlaufen zu bringen. Und genau da sehe ich mein Problem. Sagen wir es wäre Krieg – bei uns in Österreich oder Europa – also wenn alle plötzlich durchdrehen würden, wäre ich unter den ersten, die vor lauter Angstgeschrei mit Waffen zum Schweigen gebracht werden würde. Keine angenehme Vorstellung finde ich. Warum ich das weiß?

 

Kleine Exkursion: Vor einigen Jahren war ich in eine Massenschlägerei geraten. Irgendwelche Menschen haben meine Freunde und mich angegriffen. Die meisten konnten sich wehren, aber ich… Ich stand wie angewurzelt da und schrie. Vor lauter Angst und Verzweiflung. Dann kam plötzlich eine der gewaltbereiten Frauen wie ein Stier auf mich zu. Ich sah mich schon am Boden liegen, wäre da nicht ein Freund herbeigelaufen und hätte sie aufgehalten. Also schrie ich weiter, noch lauter und mit Tränen.

 

Im Nachhinein weiß ich auch warum ich so reagierte. Es war eine post-traumatische Reaktion. Als 4-jährige sah ich meinen Eltern zu wie sie sich prügelten. Mich haben sie nie geprügelt oder auch nur irgendwie gewaltsam angefasst. Das haben sie sich für sich selbst aufgehoben. Und genauso wie während dieser Massenschlägerei als junge Frau, stand ich als Kleinkind da und konnte nichts gegen die Gewalteinflüsse tun. Ich stand regungslos auf einem Fleck, schrie und weinte.

 

Wäre es dann für meine Kampf/Flucht-Reaktion nicht besser gewesen, sie hätten mich doch geschlagen? (das ist nur eine Überlegung für mich, ich bin GEGEN Gewalt an Kindern und überhaupt, ABER wir leben nun mal in einer gewaltbereiten Welt). Also, wenn die Möglichkeit gar nicht gegeben gewesen wäre, dass ICH in einem friedlichen und harmonischen Umfeld aufgewachsen wäre… Ich frag mich halt, ob die, die von ihren Eltern misshandelt wurden mutiger sind als ich.

 

Diese Überlegungen veranlassen mich zu der Hypothese, dass wir – die krieglose Generation – hier im neutralen Österreich trotz oder gerade wegen des ganzen Reichtums und Friedens keine Chance in einem Krieg hätten. Weil wir schwach sind. Schwach im Sinne von evolutionsbiologisch gesehen den Starken unterlegen.

 

ALS PAZIFISTIN SEHE ICH DENNOCH KEINEN GRUND UNS UNSERER NEUTRALITÄT ZU ENTLEDIGEN ODER IRGENDWIE GEWALTBEREITSCHAFT ZU FORCIEREN. UND DER TEXT IST BITTESCHÖN AUCH KEINE AUFFORDERUNG MICH ZU SCHLAGEN! Es ist einfach nur eine Idee von mir selbst, wäre ich im Krieg.

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