Das Omakind und die Türkenmorde - Der NSU-Prozess

04. Januar 2014

Über 10 Jahre lang haben deutsche Neonazis (NSU-Anhänger) Anschläge und Morde auf türkische Unternehmer verübt. Die Polizeiermittler gingen aber lieber Mafia- und Drogengerüchten nach und beschuldigten mit Vorliebe die Familienmitglieder der Opfer. Ein Protokoll des Prozesses. 

 

Am 6. März 2013 begann zwar der NSU-Prozess, jedoch gibt es dazu kein offizielles Gerichtsprotokoll und nur 123 Journalisten dürfen den Verhandlungen im Saal folgen – warum auch immer. Die Süddeutsche Zeitung hat nun die ersten 71 Tage des Prozesses in einem eigenen Protokoll zusammengetragen. Ich habe ein paar Stellen für Euch zusammengefasst:

 

Tag 6 –

Carsten S., Angeklagter, erzählt davon, wie er mit 7-8 anderen einmal eine mobile Dönerbude umgeworfen und die Scheiben von weiteren Dönerbuden eingeschlagen hat. Dönerbuden seien für sie ein bestimmtes Feindbild gewesen. „Wenn da eine Bockwurstbude gestanden hätte, hätten wir das nicht gemacht“, sagte er aus.

 

Tag 17 –

André Poitschke, Kriminalhauptmeister in Zwickau, schildert seine Unterhaltung mit der Angeklagten Beate Zschäpe und wie diese über ihre raue Kindheit als Omakind erzählt – ein lockeres Gespräch, wie er meinte.

 

Tag 22 –

Josef Wilfing, Kriminalbeamter a.D. München suchte während seinen Ermittlungen zwar nach zwei deutschen Fahrradfahrern, die beim Tatort von Augenzeugen gesehen wurden, ging diesem Hinweis aber nicht länger nach, nachdem sich niemand gemeldet hatte. Lieber spähte er weiter die türkische Drogenmafia aus. Vor Gericht meinte er, es solle doch niemand so tun, als ob es keine türkische Drogenmafia gäbe.

 

Tag 26 –

Dieter Stiefel, Waffenexperte beim LKA Bayern, erstellte erst 2 Jahre nach dem Mord ein Gutachten mit der Begründung, es seien andere Dinge vordringlicher gewesen.

 

Tag 27 –

Ronny Bodach, Polizeibeamter aus Zwickau durchsuchte den PC der Angeklagten Beate Zschäpe. Bevor diese ihre Wohnung in Brand setzte, um Beweise zu vernichten, hatte sie im Internet noch einen Platz für ihre Katzen gesucht – über Greenpeace und Bio-Tierhaltung.

 

Tag 34 –

Beate Keller, Zeugin, bestätigte bei der Polizei die Identität eines Attentäters und war sich sehr sicher. Die Polizei habe ihr aber von der Aussage abgeraten, wäre sie nicht 150%ig sicher.

 

Tag 39 –

Karl-Heinz Gerstenberger, Kriminalkomissar a. D. Kassel, beschuldigt Pathologen, das Handy eines Mordopfers gestohlen und mit  nach Hause genommen zu haben, als Entschuldigung dafür, dass Beweismittel fehlen würden.

 

Tag 41 –

Ismail Yozgat, Vater des Mordopfers Halit Yozgat, erzählt von seinem Geburtstag, den er zu Lebzeiten nicht mehr feiern wird, weil er an diesem Tag seinen toten Sohn gefunden hatte.

Während er erzählte, wie er seinen blutüberströmten Sohn in Händen hielt, stand er auf und schrie Beate Zschäpe an: „Er gab keine Antwort!“

 

Tag 56 –

Martin Friemel, Nachbar von Beate Zschäpe, ist es vollkommen gleich, ob es Türken, Griechen oder Vietnamesen waren, die in ihrem Wohnhaus lebten, da diese ohnehin alle gleich aussehen würden.

 

Tag 61 –

Stefan Apel, Zschäpes Cousin, rechtfertigt seinen Ausländerhass damit, dass sie dachten diese würden vom Staat Geld und Wohnungen bekommen ohne etwas dafür tun zu müssen – das haben sie sich halt so gedacht.

 

 

In Kooperation  mit der Filmakademie Baden-Württemberg wurde der Prozess in Form eines Films festgehalten:

 

Mehr über die Zeugen, die wiederholt aussagten deutsche Fahrradfahrer bei den Tatorten gesichtet zu haben und die Polizei, die diesen Hinweisen nur gelangweilt nachgingen und über die falschen Fährten die gelegt wurden und über die Hinterbliebenen, die sich alles andere als rächen wollen könnt ihr auf Süddeutsche Zeitung-Online nachlesen.

Der NSU-Prozess wird am 8. Jänner fortgesetzt und soll bis zum 18. Dezember 2014 andauern.

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