Hoffentlich wundern wir uns in ein paar Jahren nicht wieder

26. April 2016

Es sieht nach einer politischen Katastrophe aus, zumindest für einen Teil der österreichischen Bevölkerung. 35 Prozent der (wählenden) Österreicher sind glücklich. 

Blau gewinnt und Facebook wird verrückt. 

 

Ich kenne mich mit der österreichischen Politik nicht wirklich gut aus. Ich verfolge zwar die größten politischen Ereignisse und bin generell interessiert, ich wohne aber nicht mehr in Österreich. Daher sehe ich mich nicht direkt von dem Problem betroffen. 

Viele meiner österreichischen Facebook-Freunde äußern sich zum Thema Präsidenten-Wahlen. Wenn man sich meinen Newsfeed ansehen würde, könnte man zwei Hypothesen aufstellen: Keiner hat blau gewählt oder ich habe nur ‘richtige’ Freunde. Die erste Hypothese stimmt offensichtlich nicht. Die zweite kann leider auch nicht stimmen. 

Ich würde mich trauen, eine weitere Hypothese aufzustellen: Die Menschen, die blau gewählt haben, sind leiser. Sie sagen nicht offen, dass sie Hofer oder Strache oder gar FPÖ wählen würden. Sie geben vielleicht Anzeichen dafür, die meisten von ihnen würden es aber ‘öffentlich’ nicht zugeben. 

 

Dieses Problem scheint nicht nur Österreich zu betreffen. Es gab unlängst Parlamentswahlen in Polen, deren Ergebnisse ebenfalls sehr ‘schockierend’ waren. 

Die Reaktionen meiner Facebook-Freunde aus beiden Ländern waren sehr ähnlich: “In zwei Wochen ziehe ich ins Ausland” oder “London, wir kommen”, schrieben meine polnischen Freunde. “Ich ziehe nach Kanada” oder “Ich und meine Freund haben uns entschieden, nach Portugal zu ziehen”, gab es gestern von meinen österreichischen Facebook-Freunden zu lesen. 

 

Noch ist Polen nicht verloren

Vor einem Jahr hat die britische rechtspopulistische Partei UKIP ebenfalls ein überraschend gutes Ergebnis erreicht. Auch in England haben sich alle gewundert.

In den USA wird es bald Wahlen geben. Schon jetzt wundern sich Amerikaner und die Welt: Wird es zu einer ‘Sensation’ kommen?

 

Lasst es mich kurz zusammenfassen: In Österreich, in England, in Polen, in den USA, in all diesen Ländern kommt es zu ‘Sensationen’ und ‘schockierenden Ergebnissen’.

Vielleicht sind das keine Sensationen mehr? Die Welt blickt einer milden Radikalisierung ins Auge und alle scheinen überrascht zu sein. 

 

Nun was tun? Eine Möglichkeit wäre, wählen zu gehen. Ich zum Beispiel habe bei den letzten Wahlen in Polen keine Stimme abgegeben. Weil ich im Ausland war. Weil ich es übersehen habe. Weil es zu viel Aufwand wäre, auf die polnische Botschaft in Mexiko zu gehen und zu wählen. Und jetzt weiß ich es: Ich habe was Falsches gemacht. Es wird immer einen Grund geben, nicht wählen zu gehen. 

 

Menschen, die sich nach Veränderung sehnen, werden immer aktiver sein als diejenigen, die mit dem aktuellen Zustand der Situation zufrieden sind. Veränderungen passieren, weil jemand mit etwas unzufrieden ist. 

Es ist ein wenig wie mit Vladimir Klitschko - jeder weiß, dass er seinen Kampf gewinnen wird. Er war bestimmt selbst davon überzeugt, dass er wieder mal seine Arme siegreich in die Luft heben wird. Doch er lag falsch und so auch seine Fans. Klitschko hat seinen letzten Kampf verloren. Er hatte nicht genug getan, um den Titel zu verteidigen. Der alte Champ wird seine Revanche kriegen. Ein Boxkampf lässt sich aber um einiges einfacher organisieren als neue Wahlen. 

Und wer weiß: vielleicht ist der neue Champ einfach besser? Vielleicht hat er genug getan, um die Richter zu überzeugen? Vielleicht har er eine Methode gefunden, den alten Champ zu besiegen? Vielleicht ist der alte Champ einfach schon zu alt und es ist an der Zeit für jüngere und frischere Kämpfer, in den Ring zu steigen?

 

In all diesen Ländern wird es wieder zu Wahlen kommen. In Österreich wird es bald eine zweite Runde geben. Hoffentlich wundern wir uns dann nicht wieder. Und wenn wir uns wundern, haben wir etwas dagegen getan und können mit ruhigem Gewissen schlafen gehen.

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